Da war er also, der große Tag. Ich bin gestern meinen dritten
Marathon in Köln gelaufen. Ich bin schon am Samstag angereist, meine Freundin Nicola kam extra dazu, um mich anzufeuern und Support auf der Strecke zu geben - vielen, vielen Dank dafür! Wir trafen auch etliche Läufer aus dem
Twitterlauftreff, das sich zu einer recht aktiven und austauschfreudigen Gruppe entwickelt hat. Die meisten habe ich erst in Köln kennengelernt, wobei ich ein paar schon lange aus Twitter bzw. Blogs "kannte", andere mir überhaupt nicht bekannt waren.
Heiko Bartlog wollte vor seinem
Marathonlauf am 30.10. in Frankfurt noch den Kölner in lockerem Tempo als Trainingslauf angehen und bot sich an, mich zu begleiten - was ich sehr gern annahm! Das Gleiche tat übrigens
Martin fürs
Monsterliesel Eva, die in Köln ihren ersten Marathon laufen wollte. Ich habe mich sehr gefreut, Martin wieder zu sehen, wir waren zusammen in
Mainz gelaufen - nun ja, zusammen, er kam sagen wir mal nur unwesentlich vor mir an :)
Ich war sehr verunsichert nach dem Kardiologengespräch und wollte mir bis zur letzten Stunde vorbehalten, doch nicht zu starten. Innerlich war ich zwar entschlossen, aber ich hatte einen ziemlichen Bammel und wußte nicht, ob ich nicht doch einen Riesenfehler machte. Zuletzt ließ ich mich von der Vorfreude der Mitlaufenden begeistern, und meine Stimmung wurde besser. Ich war ja gut vorbereitet, hatte Carboloading bis zum Exzeß betrieben und war überhaupt gut drauf. Lediglich die Hitze machte mir Sorgen, denn schon am Samstag war es ohne Laufen ganz schön drückend.
Am Morgen trafen wir uns vor dem Lauf am Tanzbrunnen unweit des Startbereichs. Eine muntere Truppe, wie man sieht:
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Der #twitterlauftreff: @Schliefkowitz, @bartlog, meine Wenigkeit, @pixxelschubser, @Monsterliesel, @Laufmeister, Martin und @Zickline |
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Andere Mitläufer konnten nicht zum Treffpunkt kommen, so etwa @Nordwork, @BloodySocks1982, @hr_markus, @Vizekoenigin, @blabbermaul... und wenn ich hier jemanden vergesse: es sei mir verziehen :)
Wir liefen langsam Richtung Startbereich, wobei wir uns verstreuten, denn jeder hatte einen Startblock zugewiesen bekommen, der nach sich nach einer nachweisbaren Marathonzeit richtete, bzw. für die Ersttäter einen weiteren. Es war sehr voll, und schon im Gedränge vor dem Start konnte man erahnen, daß es sehr heiß werden würde. Ich hatte einen Trinkrucksack mit, aber der Kopf brannte shon trotz meiner Mütze. Ich nahm mir vor, beim ersten Verpflegungsstand mir Wasser über den Kopf zu schütten, und das hielt ich dann so an nahezu jedem Stand. Das habe ich auch gebraucht.
Als es endlich losging, war es ein unangenehmes Gedränge. Ich hatte viel Mühe, mein Tempo zu halten, weil ständig Leute vor mir waren, die keine oder nur kleine Lücken freiließen, so daß ich einen ziemlichen Slalomlauf hinlegen mußte. Das Tempo, das muß ich gleich einräumen, war eindeutig zu hoch gewählt, und der Slalom forderte mir einiges an Kraft ab. Die ersten 10 Kilometer schafften wir in 53:25 Minuten, und bis dahin hatten wir recht viel Schatten gehabt, so daß es sich gut anfühlte. Danach kam schon mehr Sonne, die Hitze machte sich bemerkbar, und wir kamen bei der Halbmarathonmarke bei 1:55:42 vorbei. Es lief noch ganz gut, aber erstens war ich schon langsamer geworden und zweitens merkte ich, daß ich nicht würde beschleunigen können.
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Bei km 19 sah ich noch recht frisch aus |
Mittlerweile war die Hitze ein ernsthaftes Problem, ich trank nicht nur aus meinem Rucksack, sondern auch an den Verpflegungsstellen, und ich kippte mir immer gleich mehrere Becker über Kopf und Brust. Dabei merkte ich, daß das nicht nur gut tat, die plötzliche Kälte brachte ein unangenehmes Ziehen in der Brust mit sich - das war nicht allzu schlimm, aber doch ein Alarmzeichen. Ich wurde langsamer, und als ich etwa bei km 27 auf die Uhr schaute, zeigte sie mir ein Tempo von 5:57 min/km. Deutlich zu langsam, und doch deutlich spürbar, daß ich nicht schneller laufen sollte, wenn ich noch ankommen wollte. Ich hatte bei km 21 ein Gel zu mir genommen, was mich Kraft gekostet hatte, weil ich dazu den Rucksack abbnehmen mußte (ich kam ums Verrecken nicht an die Tasche mit meinen kurzen Armen). Heiko bot mir beim nächsten Gel Hilfe an, und das war sehr viel besser - ich lief einfach, und plötzlich hatte ich mein Gel in der Hand. Besseren Support gibt es nicht!
Mein Gehirn hatte wohl schon wenig Sauerstoff, denn Heiko mußte mir die Dinge ein paarmal sagen, bevor ich sie verstand. Mittlerweile war ich nur noch mit meinem Körper beschäftigt: mein Magen beschwerte sich wohl gegen die Gels, die halbe Banane, die ich unterwegs gegessen hatte, das viele kalte Wasser, das etwas eklige warme aus meinem Trinkrucksack. Mein Ziehen in der Brust wurde jedesmal deutlicher, wenn ich das Tempo anzog, so daß ich es gar nicht mehr versuchte. Dazu kam eine Blase, die ich wohl wegen des vielen Wassers im kleinen Zeh bekam (ich ließ mich gern vollspritzen, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergab). Vielen Dank an Heiko wieder, der mich noch fragte, ob er mich treten oder langsam weiterlaufen lassen sollte. Ich entschied mich für letzteres (ich konnte gar nicht anders!) So betrachtet sah ich bei km 31 gar nich so schlecht aus, als mich Heiko fotografierte (und gleich live twitterte!).
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Live-Berichterstattung vom Feinsten: @bartlog hatte zwar Mühe beim Eintippen, aber er lud das Bild hoch! |
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Kurz danach bekam ich einen Krampf im rechten Oberschenkel. Etwas Dehnen, etwas gehen, kurz noch überlegt, auszusteigen, aber ich lief dann doch weiter. Dazu kam, daß ich mir durchs viele Schwitzen ein paar Wölfe gelaufen hatte.
Die letzten 7 Kilometer wollte Heiko wie abgemacht beschleunigen, wir verabschiedeten uns kurz, und er marschierte los. Ich lief in dem Tempo weiter, bekam wieder Krämpfe, legte mehrere Gehpausen ein, aber es war noch nicht so, daß ich aufgeben mußte. Bei Kilometer 38 lief Nicola ein paar Meter neben mir und fragte mich recht besorgt, wie es mir ging, da muß ich wohl nicht besonders gut ausgesehen haben:
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Hier werde ich gefragt, ob ich noch laufen will. Ich wollte! |
Danach kam eine kurze Teilstrecke durch die Innenstadt, bei der ich die Organisatoren verflucht habe: unregelmäßiger Kopfsteinpflaster auf den letzten Kilometern! Andere sahen es offenbar genauso, denn sie wichen auf den Bürgersteig aus, soweit möglich. Irgendwann kam ich bei km 40, dann 41, kurz vor der Brücke. Hier war die Stimmung ganz verhalten, jeder lief verbissen für sich, ich mußte bei der Steigung sogar gehen. Aber oben auf der Brücke wehte ein bißchen frischer Wind, und ich konnte wieder Gas geben. Am unteren Brückenfuß war eine Markierung auf dem Boden: nur noch 500 Meter. Ich beschleunigte ein bißchen, konnte eine Läuferin überholen (eine Staffelläuferin! Das mochte mein Ego doch sehr), dann noch ein paar andere. 400 Meter, 300 Meter, 200... die letzten hundert Meter waren hart, aber dann, ja, da war sie, die rettende Matte! Ich passierte sie bei 4:12:01 und war überglücklich, es geschafft zu haben. Trotz allem kann ich zufrieden sein, denn das ist doch eine Verbesserung gegenüber dem Mainzer Marathon um fast 12 Minuten und damit neue PB.
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Ein glücklicher Finisher. Glücklich vor allem darüber, daß es vorbei war :) |
Die Analyse ist klar: für die Hitze konnte ich nichts, für das zu schnelle Anfangstempo schon. Ich habe mich eindeutig überschätzt. Aller Euphorie zum Trotz darf ich mich nicht überfordern und mein Leistungsvermögen realistischer einschätzen. Die
Aufzeichnung durch den Forerunner zeigt auch klar, wie ich die Einbrüche hatte. Zusätzlich hatte ich versuchsweise eine
Liveübertragung mit Endomondo gestartet, aber die Handybatterie hielt nur bis etwa zur Hälfte.
Nach einer erholsamen Nacht mit tiefem Schlaf und einem schönen, genauso erholsamen Tag mit Herumlungern am Main bin ich ziemlich gut wiederhergestellt. Alles in allem tut mir nichts weh, wenn ich den erlaufenen Wolf ausklammere. Wenn ich den nächsten Marathon ein bißchen cleverer angehe, werde ich das Glück auch während des Laufs erleben dürfen!
Eine Anmerkung: die Fotos hier habe ich schamlos von den jeweiligen Fotografen geklaut. Bitte um einen kleinen Hinweis, wenn jemand was dagegen hat, dann nehme ich sie sofort wieder offline!